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Die Hl. Klara von Assisi (1194-1253)

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Leider ist Klara bei weitem nicht so bekannt wie Franziskus. Ihr geistliches Leben war, wie damals nicht anders möglich, deutlich zurückgezogener als das ihres engen Freundes Franziskus. Mit ihrem streng kontemplativen Leben in größter Armut vollzog sie allerdings auch eine Lebensform, die Franziskus selbst sehr angezogen hatte. Dabei war Klara keineswegs schmückendes Beiwerk der franziskanischen Bewegung, sondern eine selbstbewußte Frau, die gegen den Willen der Kirche als erste Frau der Geschichte eine eigene Ordensregel verfaßte (bis dahin hatten Frauenorden immer die Regeln der Männer angenommen) und beharrte auch gegen den Willen von Päpsten auf ihre Berufung der strengsten Armut.

Franziskus ist ohne Klara nicht zu verstehen, umgekehrt gilt das gleiche. Deshalb sprechen Mitglieder der franziskanischen Familie auch eher von einer "franzisklarianischen" Spritualität, um das Eigene dieser Jesusnachfolge zu beschreiben.

Chiara di Scifi kam um 1194 in der umbrischen Stadt Assisi (Italien) als älteste Tochter des Grafen di Scifi und seiner ebenfalls adligen Frau Ortolana zur Welt. Im Verlauf von Auseinandersetzungen zwischen dem Adel und dem aufstrebenden Bürgertum musste die Familie 1202 vorübergehend nach Perugia fliehen. Die Mutter unterrichtete Chiara sowie ihre jüngeren Schwestern Agnese und Beatrice im Haushalt und in Latein.

Nach einer Predigt des zwölf Jahre älteren Franziskus im Dom zu Assisi entschloss sich Klara, ihr Leben Gott zu weihen. Franziskus hieß eigentlich Giovanni di Bernardone, erhielt aber wegen der Abstammung seiner Mutter Johanna Pica den Vornamen Francesco („das Französlein“). Klara nahm mit Franziskus Kontakt auf, der sie in ihrem Vorhaben bestärkte und ihr seine Unterstützung zusagte.

Am Palmsonntag, dem 18. März 1212, gab der Bischof im Dom von Assisi Klara eine Palme als Zeichen seiner Zustimung zu ihrer Entscheidung. In der Nacht vom Palmsonntag auf den Karmontag – brach die 18-Jährige, die nach dem Willen ihrer Familie heiraten sollte, eine verschlossene Hintertür ihres Elternhauses auf und eilte zusammen mit ihrer Freundin und Verwandten Pacifica di Guelfuccio zur Kapelle „Portiunkula“ („kleines Stück Erde“) in der Ebene unterhalb von Assisi. Dort hatte Franziskus bereits 1210 den Ersten Orden („Ordo Fratum Minorum“ = OFM, deutsch: Minderbrüder) gegründet.

Laut Legende kniete Klara vor dem Altar der Portiunkula nieder und schnitt Franziskus ihr eigenhändig die schönen langen Haare ab. Dann legte Klara die kostbaren Gewänder und ihren Schmuck ab und zog eine grobe, schlichte und ungefärbte Kutte an, wie sie die Minderbrüder trugen. Außerdem nahm sie auch das andere äußere Zeichen der Buße, den Strick um die Hüften.

Franziskus brachte Klara noch in derselben Nacht zum Benediktinerinnenkloster „San Paolo delle Abbadesse“ bei Bastia, etwa eine Wegstunde westlich von Assisi entfernt, wo sie fürs erste Asyl fand. Ihre Angehörigen konnten sie weder mit guten Worten, Versprechungen, Schmeicheleien, noch mit Gewalt zurückbringen. Sie floh zum Altar, umfasste das Leinen darauf und enthüllte ihr geschorenes Haupt. Daraufhin ließ man sie endlich in Ruhe.

Weil Klara keine Benediktinerin werden wollte, führte Franziskus sie zur Kirche von „Sant’Angelo di Panso“, dem geistlichen Zentrum einer Frauengemeinschaft, die ohne Regel eine neue religiöse Lebensform als Pönitentinnen erprobte. Nach einigen Wochen zog Klara im April 1212 mit ihrer jüngeren Schwester Agnese und ihrer Freundin Pacifica nach „San Damiano“. Dort entstand allmählich das erste franziskanische Frauenkloster, dessen Kern von Frauen aus dem Haus di Scifi gebildet wurde: die verwitwete Mutter Ortolana, deren Töchter Klara, Agnese, Beatrice, deren Nichten Balvina und Amata, die Hausgenossinnen Filippa, Benvenuta und Christiana sowie die Freundin Pacifica.

Anfangs trug die Gemeinschaft den Namen „Arme Frauen von San Damiano“ („pauperes Dominae de San Damiano“), und ihre Mitglieder hießen Damianitinnen. 1215 wurde Klara zur Äbtissin gewählt. In ihren Briefen bezeichnete sie sich wiederholt als „unnütze und unwürdige Magd der Armen Frauen“ oder „demütigste und unwürdige Magd Christi und Dienerin der Armen Frauen“. Oft ging sie als letzte zu Bett, betete nachts lange, stand als erste auf, zündete die Lichter an, weckte jüngere Schwestern und rief sie zum kirchlichen Lobgebet. Wenn sie erkrankte, ließ sie sich auf ihrem Lager aufrichten und mit Kissen stützen, damit sie Handarbeiten konnte.

1216/1217 gab Franziskus Klara und ihren Schwestern eine kurze schriftliche Regel („forma vivendi“), die im Aufbau und Inhalt weitgehend der franziskanischen Urregel von 1209/1210 ähnelte. 1216 verlieh Papst Innozenz III. (um 1160–1216) der Ordenstifterin das „Privilegium Paupertatis“, das „Privileg der Armut“. Es garantierte Klara und ihren Schwestern ein Leben in absoluter Besitzlosigkeit und bedeutete gleichzeitig den Bruch mit allen Formen des Eigentums.

1218/1219 verfasste Kardinal Hugolino, der spätere Papst Gregor IX. (um 1170–1241, eine Regel für den Orden. Sie entsprach den Vorschriften des IV. Laterankonzils von 1215, fußte auf der „Regula Benedicti“ und berücksichtigte weder die Besitzlosigkeit noch die Verbindung zur Franziskusgemeinschaft. Klara beachtete diese Regel nur, soweit sie der „forma vivendi“ entsprach.

Im März 1225 suchte Franziskus, von den Wundmalen Christi gezeichnet, Klara in „San Damiano“ auf. Er litt nicht nur körperlich an den Folgen der Malaria, die Entwicklung seiner Bruderschaft hatte ihm seelische Wunden zugefügt, und er fühlte sich gescheitert. In dieser Situation rührte ihn Gott an, indem er Franziskus an sich und an den Kosmos band. Sein „Sonnengesang – im Italienischen „Cantino delle Creature“ („Gesang der Geschöpfe“) – ist nicht nur eines der schönsten Gedichte der Weltliteratur, sondern lebendiges und ausdrucksvolles Zeugnis dieser Verbundenheit aller Geschöpfe untereinander und mit Gott. Franziskus starb am 3. Oktober 1226.

Laut Legende soll Klara im September 1240 durch Hochhalten einer Monstranz und Gebet die plündernden Soldaten des exkommunizierten Kaisers Friedrich II. (1194–1250) vor Assisi aufgehalten und so ihre Geburtsstadt und ihr Kloster gerettet haben. Dem Gebet Klaras und ihrer Schwestern schreiben die Bürger Assisis auch die Errettung ihrer Stadt vor den Sarazenen im Juni 1241 zu. Noch heute findet daher jährlich am 22. Juni ein feierliches Erinnerungsfest statt, an dem auch der Bischof, das Domkapitel und die Stadtregierung teilnehmen.

Am 13. November 1245 erlaubte Papst Innozenz IV. (um 1195–1254) in einer von ihm geschriebenen Regel dem Orden gemeinsames Eigentum, doch Klara befolgte dies nicht. 1247 begann Klara selbst, eine Ordensregel für die Schwestern in „San Damiano“ auszuarbeiten. Als Papst Innozenz IV. Klara, deren Kräfte nach 29 Jahren schwerer Krankheit zusehends schwanden, in San Damiano besuchte, bat sie ihn um die Approbation ihrer Ordensregel.

Zwei Tage vor ihrem Tod erhielt Klara von Assisi am 9. August 1253 von Papst Innozenz IV. die ersehnte Bestätigung ihrer Ordensregel. Damals existierten bereits 70 Klarissenklöster. Am 11. August 1253 schloss Klara für immer ihre Augen. Ihre letzten Worte waren: „Herr, sei gepriesen, weil du mich erschaffen hast“.

Klaras Leichnam wurde 1253 in der Kirche „San Giorgio in Assisi“ beigesetzt, wo man 1226 auch Franziskus vorübergehend bestattet hatte. Franziskus fand am 25. Mai 1230 in der zu seinem Gedächtnis errichteten Basilika „San Francesco“ seine letzte Ruhe. Papst Alexander IV. (gest. 1261) sprach Klara bereits zwei Jahre nach ihrem Tod am 15. August 1255 heilig. Ihr Gedenktag wird am 11. August begangen.

Die Gebeine Klaras bettete man am 3. Oktober 1260 in die Krypta der 1260 errichteten Basilika „Santa Chiara“ um, in die die Kirche San Giorgia eingegliedert ist. Bei der Öffnung ihres Sarkophages 1850 lag die Heilige wie eine Schlafende darin.

(Quelle)


Eine schöne Predigt über sie, veröffentlicht 2013: